Frauen, die Geschichten machen

Bei Messerli ist die Geschichtsschreibung fest in Frauenhand. Im Interview berichten Michèle Meier, Regula Strähl und Jana Glatzel (v.l.) aus ­unserer Design- und Planungsabteilung, wie es um das ­Storytelling im Projektalltag steht.

Wie geht ihr typischerweise an ein neues Projekt heran?

Jana Glatzel: Für mich ist es am einfachsten, wenn ich im Vorfeld schon beim Kunden war und ihn persönlich kennenlernen durfte. Anschliessend setze ich mich vertieft mit dem Kunden auseinander und studiere das Briefing. So gehe ich dann immer weiter ins Detail und baue mir die Geschichte – das Wolkenschloss – auf. Die Elemente dafür suche ich in verschiedenen Quellen, beispielsweise direkt beim Kunden, in Zeitschriften, übers Internet oder über Web-Plattformen. Bei mir sind diese Schritte meist dieselben – jedoch mit einem anderen Schwerpunkt. Manchmal hast du sofort eine Idee, die funktioniert. Und manchmal musst du dazu etwas strategischer vorgehen.

Regula Strähl: Ich finde es wichtig, dass mich am Anfang nichts beeinflusst. Wenn ich versuche, meine ersten Gedanken einzufangen, mache ich das meistens nicht am Arbeitsplatz, da ich mich dort für solche «analogen» Arbeiten nicht wohl fühle. Die Versuchung, gleich bei der ersten Idee Google einzuschalten, ist einfach zu gross. Statt gleich im Internet zu surfen, skizziere ich lieber meine Ideen und lasse meine Gedanken schweifen. Erst dann mixe ich meine Ideen zusammen mit Recherchen aus dem Internet und versuche so, innovative Konzepte herauszuarbeiten. Danach werden Ideen konkretisiert und verdichtet.

Michèle Meier: Am Anfang jedes Auftrages bin ich in der Regel sehr analytisch. Eine gute Analyse des Kunden oder des Projektes ist mein wichtigstes Fundament. Anschliessend überlege ich, welche Werte oder Botschaften der Kunde hat und wie er diese vermitteln kann. Meist habe ich nach dieser Analyse-Arbeit schon ein Bild für ein mögliches Konzept im Kopf. Ich arbeite dabei gerne mit Referenzen und schaue mir Bilder von Architektur oder Pavillons an, um meine Ideen zu konkretisieren. Für mich sind auch Plattformen wie Behance, Pinterest oder Instagram sehr wichtig geworden.

 

Macht ihr euch Gedanken darüber, wie ihr mit Storytelling Botschaften vermitteln könnt?

Regula: Ja, auf jeden Fall. Mir persönlich ist es wichtig, dass der rote Faden eines Konzeptes sehr klar und direkt vermittelt wird. Und natürlich ist es schön, wenn eine Geschichte dahintersteckt. Oder vielleicht hat auch der Kunde ein Thema, das ihm am Herzen liegt und das er vermitteln möchte.

Jana Glatzel, Konzept und Design, Andreas Messerli AG

«Messeverantwortliche haben oft ganz andere, pragmatischere Schwerpunkte als beispielsweise die Marketing-Verantwortlichen, die übergeordneter denken.»

Wie wird Storytelling im Projektalltag gelebt?

Jana: Beim Thema Storytelling merkt man schnell, wie unterschiedliche Bedürfnisse aufeinanderprallen. Zum Beispiel haben die Messeverantwortlichen oft ganz andere, pragmatischere Schwerpunkte als beispielsweise die Marketing-Verantwortlichen, die übergeordneter denken. Da muss man manchmal auch Kompromisse finden.

Regula: Es gibt Kunden, denen ist es wichtig, dass sich ihre Philosophie in ihrem Auftritt spiegelt. Liegen die Schwerpunkte jedoch anderswo, ist es schwieriger, solche Ideen einzubringen. Aber wer offen ist für Neues, der lässt sich für solche Ansätze begeistern. Vielleicht wird dann nicht gleich das ganze Konzept umgesetzt, sondern erstmal einzelne Komponenten daraus.

Michèle: Es wäre schön, wenn hier mehr Mut vorhanden wäre, um solche Ideen konkret umzusetzen. Ich bin der Meinung, dass Hybridlösungen keine Lösungen sind. Meistens sieht man ihnen an, dass sie zwar gerne innovativ sein wollen, schlussendlich bleibt aber alles etwas halbherzig.

Gitb es noch weitere Gründe, warum Ideen auf dem Papier bleiben?

Jana: Viel öfter ist das Budget ausschlaggebend dafür, dass ein Konzept nicht 1:1 umgesetzt wird. Dann beginnst du wieder am Anfang und du schraubst solange an einem Konzept herum, bis es ins Budget passt. Manchmal muss man sich halt auf das beschränken, was es wirklich braucht, und es bleibt wenig Spielraum für Innovationen.

Michèle: Ich glaube aber, dass sich gewisse Design-Entscheidungen oder Inhalte sehr gut rechtfertigen lassen, wenn im Vorfeld eine saubere Analyse gemacht wurde. So kann man transparent begründen, warum etwas sinnvoll ist und aufzeigen, dass sich hier eine Investition lohnt.

Regula: Manchmal ist es auch schwierig, jemanden davon zu überzeugen, dass kleine Details wichtig sind. Darum arbeite ich am liebsten in einem möglichst diversen Team, in dem alle unterschiedliche Hintergründe mitbringen. So kann jeder auf die Details «seines» Spezialgebietes Acht geben.

Regula Strähl, Konzept und Grafikdesign, Andreas Messerli AG

«Am liebsten arbeite ich in einem möglichst breit aufgestellten Team, in dem alle unterschiedliche Hintergründe mitbringen. So kann jeder auf die Details «seines» Spezialgebietes Acht geben.»

Kann man lernen, auf Knopfdruck kreativ zu sein?

Regula: Es gibt definitiv Zeiten, in denen auch wir kreative Downs haben. Das treibt einem fast zur Verzweiflung! Du arbeitest den ganzen Tag und merkst, es kommt nichts Schlaues dabei heraus. Es passiert, dass du in einem Projekt eine Woche lang schwimmst. Dann hast du das Gefühl, du kommst zu nichts – obwohl du eigentlich sehr viel gemacht hast. Irgendwann kommt aber der Moment, in dem du in diesen Ideen-See greifen kannst, und dir den richtigen Tropfen herausschöpfen kannst. Und sobald du den hast, bist du unheimlich effizient und alles nimmt sehr schnell Form an.

Jana: Unsere Kadenz ist sehr hoch. Selbst wenn man nicht am Konzipieren ist, gibt es immer Anpassungen, Pläne oder Renderings, die du fertig machst. Unter Zeitdruck werden meine kreativen Entscheidungen sehr rational und ich entscheide sehr schnell, was funktioniert und was nicht. Und auch wenn ich mich mit neuen Ideen gerade schwertue, bleibe ich aktiv: Ich fange zu skizzieren, selbst wenn es nur Quadrate oder Klötzchen sind. Aber das hilft mir, die kreative Lunte wieder anzuzünden.

Michèle: Bei mir funktioniert dieses anzünden der Lunte über Bilder. Ich habe einen grossen mentalen Referenzfundus – das können Elemente aus der bildenden Kunst oder zeitgenössische oder alte Stillleben sein. Ein Grossteil meiner Inspiration ziehe ich jedoch aus der Architektur. Ich glaube, ich habe zwei Pfeiler: Die Architektur und die Story. Was will ich erzählen? Und wie wird das im Raum implementiert?

Michèle Meier, Konzept und Design, Andreas Messerli AG

«Ein modularer Stand, der fünf oder mehr Jahre im Einsatz sein soll, kann nur mit neuen Inhalten innovativ sein.»

Gibt es aktuelle Trends, die eure Entwürfe beeinflussen?

Michèle: In Briefings lese ich momentan viel von Modularität, Nachhaltigkeit, Innovation, Digitalisierung und Interaktion. Das alles unter einen Hut zu bringen, ist gar nicht so einfach. Ein modularer Stand, der fünf oder mehr Jahre im Einsatz sein soll, kann nur mit neuen Inhalten innovativ sein. Dass diese in digitaler Form daherkommen müssen, stellt viele Kunden vor eine ganz neue Herausforderung. Denn solche Inhalte müssen meistens zuerst produziert werden.

Regula: Das Kundenerlebnis wird schon immer digitaler und damit interaktiver. Aber auch die Personalisierung von Elementen ist aktuell ein grosses Thema. Damit lässt sich eine sehr starke Kundenbindung aufbauen und der Konsument fühlt sich intensiver mit einem Produkt verbunden. Der Trend gefällt mir, da es nicht nur gutes Marketing, sondern auch nachhaltiger ist.

Vielen Dank für dieses Gespräch!