Bites und Späne

Ein Beitrag von Karin Ayar

Die dritte industrielle Revolution ist im Gang! Dieser Meinung sind die erfinderischen Entwickler von ZAAK, die mit überbordendem Innovationsgeist und Digital Manufacturing überraschende Medienarchitektur einer ganz neuen Dimension erschaffen.

Auf den ersten Blick ist nicht zu erkennen, was in dem langen, lichtdurchfluteten Raum eigentlich passiert. Kisten, Computer, Kabel. Sägespäne kreuz und quer im Raum, Köpfe hinter Bildschirmen. Die jungen Wilden oder wilden Jungen von Zaak sind am Werk. Doch wer ist Zaak und was genau tun sie? Die Website gibt Einblick in ein enorm breites Kreativfeld, das sich mit dem weiten Begriff Medienarchitektur noch am ehesten beschreiben lässt. Beschreib- resp. begreifbar wollen Martin Richi und Kay Rüegsegger jedoch gar nicht sein. Auch nicht mit ihrem Webauftritt; der soll nur Neugierde wecken und ihre Bandbreite andeuten. Denn sie bleiben nicht bei einem Produkt stehen.

Einmal erfunden, erforschen und entwickeln sie immer neue Technologien und Anwendungen. Momentan sind sie in den Bereichen Kommunikation, Augmented Reality und Gaming unterwegs. Aber auch neue Produktionsprinzipien wie Laser Cutter in Selbstbauweise und 3-D-Drucker gehören dazu, die sie für die Fertigung ihrer Kreationen auch gleich selbst einsetzen. Was als Nächstes kommt, ist noch offen, machbar ist im digitalen Zeitalter vieles – und nach der Meinung von ZAAK fast alles. ZAAK zu kategorisieren und zu systematisieren, würde Grenzen implizieren, die sie sich nicht setzen. «Wir haben unseren ganz eigenen Stil, denken immer eine Dimension weiter, setzen unser ganzes Können und Wissen ein und erfinden deshalb auch immer wieder wirklich Neues», stellt Martin Richi fest. Und strahlt dabei gleichermassen Bescheidenheit und Selbstvertrauen aus.

Aber gibt es denn heute überhaupt noch Neues zu erfinden? «Ganz bestimmt», meint Kay Rüegsegger, «sogenannt Neues muss differenziert betrachtet werden.» Es gilt, nicht nur absolut Unentdecktes aufzuspüren, sondern Bestehendes mit eigenem Ideengut, Know-how und den passenden Materialien zu kombinieren und daraus noch nicht Dagewesenes zu schöpfen.

Unkonventioneller Weg zu ebensolchen Zielen

Sie vergleichen ihre Arbeitsweise mit derjenigen des Meeresbiologen Jacques Cousteau. Einer, der oft nach Bauchgefühl und Nase aufbrach und unkonventionelle, radikale Wege nicht scheute. Dafür aber sehr viel Neues entdeckte. Auch sie machen Expeditionen, tauchen zwar nicht in die Tiefen der Ozeane ab, erforschen dafür jedoch die Unendlichkeit der digitalen Welt.

Und in dieser sind sie ganz schön erfolgreich unterwegs. Ohne Weisskittel und Doktortitel, dafür mit einem abgebrochenen Studium im Fach Neue Medien, einer Basis in bildender Kunst und Musikwissenschaft und einer Grafikausbildung, die von der Kunstgewerbeschule direkt in die Selbstständigkeit und gleichzeitige Fotografentätigkeit mündete. Vor fünf Jahren haben sich Kay Rüegsegger und Martin Richi zusammengetan, um gemeinsam nach Neuem zu forschen. Wilde Ideen hatten sie damals schon zuhauf. Autodidaktisch machten sie sich an ihre Realisierung, denn für etwas, was es noch nicht gibt, gibt es auch keine Lehrmeister. Ergo ist der Weg dorthin auch nicht vermittel-, sondern nur erfahrbar – so ihre einhellige Meinung. Und diesen Weg gehen sie bis heute selbst, mit Fantasie, Ausdauer und der Bereitschaft, dabei auch mal die Nase heftig anzuschlagen.

Vom Freak zur festen Grösse

Das passierte ihnen in der ersten Zeit von ZAAK ziemlich oft. Denn da fehlte noch die Erfahrung, die Fähigkeit abzuschätzen, wie lange sie bis zum gesetzten Ziel benötigen würden. Nie verfehlten sie es, doch mussten ab und zu Mehrfachnachtschichten und finanzielle Nullnummern geschoben werden, um dem Kunden zur vereinbarten Zeit und zum entsprechenden Preis das gewünschte Resultat vorlegen zu können. Doch ihrer Meinung nach haben sie dadurch viel gelernt, Know-how und Sicherheit gesammelt und den Ruf erlangt, Erstaunliches und Einmaliges auf Abruf kreieren zu können. Heute vertrauen ihnen ihre Kunden und trauen ihnen fast alles zu; lassen ihnen sogar manchmal mit dem Auftrag «einfach etwas ganz Besonderes zu machen» die grosse Freiheit.

Ihre Referenzliste liest sich entsprechend abenteuerlich: Auf dieser stehen namhafte Projekte und Auftraggeber. Zum Beispiel das interaktive Webmapping-Tool «Paint It Easy» für Volkswagen, mit dem sich die Lackierung eines Originalfahrzeugs wechseln oder direkt auf dasselbe zeichnen lässt. Oder der BMW Soundtree, eine originelle Dialogmarketing-Idee, die BWM-Fans zur Kreation des eigenen virtuellen Weihnachtsbaums aus Motorensoundkurven animierte. Aber auch Messerlis Augmented Reality App, mit welcher beispielsweise über das vorliegende Kundenmagazin Brandworld die direkte Verbindung in die digitale Welt geschaffen und so auf ihre unbegrenzten Inhalte zugegriffen werden kann. Und viele weitere Hightech-Tools wie das Internet of Things (IoT), das mittels Smartphone und Internet auf reale, strombetriebene Gegenstände zugreifen und diese steuern kann.

Messebau als inspirative Kreativspielwiese

Sie tüfteln, programmieren, schrauben, fräsen und kleben alles selbst, manchmal jeder für sich, dann wieder gemeinsam für den Reality-Check – um offen und mehrspurig für Lösungen aller Art zu bleiben, abgedrehte Ideen gemeinsam wachsen zu lassen, sich nicht im Alleingang in Sackgassen zu verrennen. An der Motorenstrasse in Wetzikon haben sie mit dem Zugriff auf sämtliche Produktionsstätten der Andreas Messerli AG perfekte Rahmenbedingungen in einem inspirierenden Arbeitsumfeld und punkto Experimentierfreude ihresgleichen gefunden.

So brachten Aufträge durch die neue Nähe zur innovationsgetriebenen Messebaubranche ZAAK voran und Messerli ein quasi eigenes Research and Development Team ins Haus. Synergien, die beide gegenseitig zu nutzen wissen. Denn im Messebau stecken weiterhin viel Potenzial sowie kundenseitig Wunsch und Wille, mit unkonventionellen Ideen die Aufmerksamkeit des Messepublikums auf sich zu lenken. So auch mittels Medieninstallationen von ZAAK, die als unwiderstehliche Eyecatcher den Besucher in den Bann ziehen oder gar in einen faszinierenden Dialog mit der Marke und dem Produkt verwickeln.

Innovationen mit langer Halbwertszeit

Die Vergänglichkeit der Messen und deren Bauten steht nur auf den ersten Blick im Konflikt mit den teils aufwändigen Erfindungen und dem damit verbundenen grossen Aufwand von ZAAK. Die Nachhaltigkeit, die sich ZAAK für seine Installationen auf die Fahne geschrieben hat, ist heute auch im Messebau eines der ersten Gebote. Die Wegwerfmentalität von damals ist längst auf dem Rückzug. Vielerorts ist die Verlängerung der Halbwertszeit von Messeständen aus ökologischer und ökonomischer Sicht nicht nur gewünscht, sondern Teil des Auftrags. Wiederverwendbare Systeme und Module, modifizierbar für verschiedene Platzansprüche und bauliche Gegebenheiten, sind vermehrt gefragt. Dazu passen die Entwicklungen von ZAAK. Gerade ihre Messe- und Ausstellungsinstallationen lassen sich immer wieder mit neuen Inhalten bespielen und damit wiederholt beeindruckend bei verschiedenen Messeauftritten und später im Showroom des Unternehmens einsetzen.

Doch nicht nur interaktive Elemente für Messestände entstehen in ZAAKs Köpfen. Die Idee, ganze Stände in den Messehallen vor Ort mit ihren Maschinen zu drucken und zu fräsen, ist am Reifen. Gedacht wird in Wetzikon, produziert direkt auf dem Messeplatz. Die Zukunftsmusik, die das sogenannte Digital Manufacturing logistisch, aber auch von den Personalisierungsmöglichkeiten her komponierbar macht, spielt vielleicht ziemlich bald schon im Zürcher Oberland.

Publikation

Dieser Beitrag erschien erstmals in der Brandworld-Ausgabe von 2014.