Interview mit Caroline Hirt und Christian Etter, MuDA Zürich

«Künstlern scheint es viel mehr um den Ausdruck, das Experimentieren und die Nachricht in ihrer Kunst zu gehen»

Mit dem Museum of Digital Art – kurz MuDA – haben Caroline Hirt und Christian Etter eine Schnittstelle für Kreativität und Technologie geschaffen und bieten Raum für die kritische Auseinandersetzung mit den Fragen, die die Digitalisierung aufwirft. Im Interview erzählen sie, was digitale Kunst ausmacht und wie sie sich von klassischer Kunst unterscheidet.

Im Vergleich zu einem Gemälde kann digitale Kunst verhältnismässig einfach reproduziert werden. Welche Vor- und Nachteile ergeben sich daraus? Und welchen Einfluss hat das auf den Wert der Werke?

Aus unserer Sicht ergeben sich daraus fast nur Vorteile. Der monetäre Wert digitaler Kunst ist am steigen, aber im Vergleich zu traditioneller Kunst tatsächlich sehr tief. Für uns als Museum der digitalen Kunst heisst das aus pragmatischer Sicht, dass wir Ausstellungen viel günstiger produzieren können. Transport, Sicherheit und Versicherungen sind minimal. Aber noch viel wichtiger scheint uns, dass es viel weniger ums Geld geht. Der Fokus liegt mehr auf den Inhalten. Künstlern, die sich über das digitale Medium ausdrücken, scheint es viel mehr um den Ausdruck, das Experimentieren und die Nachricht in ihrer Kunst zu gehen, als um den Kunstmarkt.

Glauben Sie, dass Menschen leichter einen Zugang zu digitaler Kunst als zu klassischer Kunst finden?

Es gibt zugänglich Werke und weniger zugängliche Werke, wie bei allen anderen Kunstformen. Bei digitaler Kunst ist jedoch speziell, dass sie einen Dialog ermöglichen kann. Durch Sensorik können die Werke auf die Betrachterin und das Umfeld reagieren. Dies ermöglicht durchaus einen leichteren Zugang, was sich beispielsweise auch an den vielen Besuchen von Kindergarten- und Schulklassen zeigt.

Wie bewerten Sie den Markt für digitale Kunst? Gibt es neben Museen auch Sammler im klassischen Sinne?

Es ist klar, dass dieser Markt stark wächst. Digitale Kunst findet nicht nur virtuell auf dem Bildschirm statt. Digitale Kunst heisst für uns programmierte Kunst. Und diese kann auch sehr physisch gesammelt werden. Das kann zum Beispiel ein Werk unserer aktuellen Ausstellung sein, von der 95-jährigen Vera Molnar, die ihre Algorithmen von Computer und Hand zu Papier bringt, für die Sammler aus allen Kontinenten einfliegen. Es gibt aber auch einen kleinen Mark für virtuelle Kunst, die beispielsweise über Blockchain oder Domaintransfer den Besitzer wechseln können. Diese Art scheint jedoch eine Nische zu sein und ist für uns weniger interessant.

Aufwändige digitale Installationen oder Inszenierungen sind ein beliebtes Marketingtool. Gibt es eine Grenze zwischen Kunst und Kommerz? Falls ja, wo liegt Sie?

Der Unterschied ist relativ einfach. Wenn die Motivation der Autorin oder des Autors des Werkes eine finanzielle ist, dann ist es Kommerz. Ist die Motivation Schönheit, Ausdruck, oder die Veränderung der Gesellschaft, dann ist es Kunst. Kafka sagte, ein Buch muss eine Axt für das gefrorene Meer in uns sein. Dies sollte auch für digitale Kunst gelten.

Vielen Dank für dieses Gespräch

Caroline Hirt und Christian Etter gründeten Europas erstes physisches und virtuelles Museum für Digitale Kunst. Es wurde im Februar 2016 danke einer Crowdfunding-Initiative eröffnet.