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Langenthals neuer Lockstoff
Mit Jan Dominik Geipel sprach Karin Ayar
Der neue Kurator des Designers’ Saturday ist selbst ein Kreativnomade. Naheliegend, dass er die Designelite aus dem fernen Japan ins bernische Langenthal holt. Weil er will, dass sich die Schweiz endlich traut, das zu tun, was sie längst kann: sich punkto Design mit den Besten messen.
Seit 30 Jahren wird alle zwei Jahre in Langenthal hohes Design gefeiert. Trotz seines besonderen Stellenwerts in der nationalen Kreativszene zeigt sich der Designers’ Saturday nicht abgehoben, sondern ist bodenständig, echt und sympathisch bernisch geblieben. Und immer noch findet er dort statt, wo Design entsteht: in den Werkhallen und -plätzen der ortsansässigen Industrie. Denn mittendrin statt nur dabei soll der inspirierende Austausch zwischen Kreativen und Umsetzern stattfinden. Immer wieder wurde und wird Kimme und Korn bewusst justiert respektive der ursprüngliche Zweck und Gedanke des Designers’ Saturday ins Visier gerückt. Sein Fokus soll sich keinesfalls, trotz der konstant steigenden Aussteller- und Besucherzahlen, zur messeähnlichen Produkteschau verschieben.
Nach der ersten Halbzeit seiner Existenz übernahm für die zweite von 2003 bis 2017 der Architekt Sergio Cavero die Aufgabe des Kurators. Nun sollen dem Schweizer Traditionsanlass und idealerweise gleich auch der nationalen Designszene mit einer erneuten Blutauffrischung ebensolche Impulse für die Zukunft gegeben werden. Mit Jan Dominik Geipel übernimmt ein Kreativnomade das Ruder, in dessen Vita und Palmarès sich die Designhotspots dieser Welt aufreihen. Dass sich die Organisatoren des Designers’ Saturday und Jan Dominik Geipel gefunden haben, erstaunt nicht. Beide Seiten sind trotz ihrer bisherigen Erfolge kein bisschen selbstgefällig geworden. Ihr Antrieb ist die Begeisterung, durch ihre vielseitigen Engagements immer wieder neue, attraktive, doch gleichzeitig praktikable Antworten und Lösungen auf die Herausforderungen der Zeit zu finden.
Zeit des Umdenkens …
Mit der Gästeliste seiner diesjährigen Erstauflage bringt der neue Kurator seine Vision für den Designers’ Saturday klar zum Ausdruck: Er möchte einen Beitrag dazu leisten, die Schweiz international als Designnation zu positionieren. Dazu muss er sich öffnen, ohne seine Identität zu verlieren. Ebenso deutlich zeigt Jan Dominik Geipel den Weg auf, der seiner Meinung nach zu diesem Ziel führt: «In Langenthal müssen sich künftig die nationalen Kreativen mit den international Besten messen.» Mit der Einladung einer sorgsam ausgewählten japanischen Designexzellenz räumt Jan Dominik Geipel auch die letzten Zweifel aus, wie ernst ihm seine Ansage ist.
Ausser Zweifel stand auch für Jan Dominik Geipel seine Berufswahl. Gross geworden in einer Stuttgarter Architektenfamilie mit selbst gebautem Haus, kam für ihn – wie notabene auch für seine zwei Brüder – nichts anderes als die Architektur in Frage. Doch nur der Blick in eine Richtung war dem 2001 mit einem Ingenieur- und Architektendiplom der Stuttgarter Universität Ausgezeichneten nicht genug. Jan Dominik Geipel vertiefte sich in den Folgejahren in sämtliche Disziplinen der räumlichen Gestaltung – in Dänemark, Japan und in der Schweiz –, bis sein Spektrum von der Städteplanung bis zur Gestaltung der Metro Kopenhagen samt deren Ticketsystem, über Industriedesign, Möbel und Licht sowie Ausstellungen und Showräume reichte. Architektur sieht Jan Dominik Geipel nicht als L’art pour l’art, sondern als vielfältige Ausdrucksform einer Kunst unserer Gesellschaft, die gleichzeitig auch eine enorme wirtschaftliche Kraft entwickeln kann. Um dieses Verständnis in grösstmöglicher Breite zu etablieren, wirbt der umtriebige und sprachgewandte Jan Dominik Geipel heute auf allen Kanälen und spannt dafür nach Möglichkeit auch die hohe Politik mit ein.
«In Langenthal müssen sich künftig die nationalen Kreativen mit den international Besten messen.»
Argumentative Fähigkeiten sind es denn auch, die Jan Dominik Geipel seinen Studierenden an der HEAD (Haute école d’art et de design) in Genf unter anderem vermittelte. Der Dekan der Fakultät für Innenarchitektur und Szenografie, der aktuell diese Tätigkeit zugunsten seiner Kuratorenaufgabe beim Designers’ Saturday ruhen lässt, betont: «Ich möchte den jungen Kreativen genau diese Kompetenz vermitteln, damit sie später von ihrer Tätigkeit leben können. Es braucht Künstler der Architektur und des Designs als Leuchttürme, doch die wenigsten unserer Branche werden sich mit ihrer Tätigkeit als solche etablieren können. Wer im Bereich Architektur und Design beruflich attraktive Zukunftsaussichten haben möchte, muss sich mindestens ebenso gut im Wirtschaftsumfeld bewegen und Gehör verschaffen können.»
… und des Aufbruchs
Auf Zukunft und eben diese Kompetenz ausgelegt ist auch das diesjährige Motto der Werkschau des Designers’ Saturday, mit welchem die Aussteller in die Konzeptentwicklung geschickt wurden: improve, share, connect. «Auf ‹innovate› haben wir ganz bewusst verzichtet. Viel zu inflationär wird dieses Prädikat verwendet», erläutert Jan Dominik Geipel die Wahl des Mottos. «Mit ‹improve›, also verbessern, verlangen wir unmissverständlich nach einer fassbaren Zusatzleistung und der entsprechend präzisen Argumentation.» Einen qualitativen Schub versetzt er der Werkschau auch, indem deren Aussteller von der Idee bis zur Realisation durch eine international besetzte Jury begleitet werden. Ausschliesslich eigenständige Projekte werden es so bis ins Scheinwerferlicht schaffen. Neue Gefässe gibt es in Form einer Eröffnungskonferenz mit internationalen Topspeakern, einer Pitch- und Matching-Plattform für Jungdesigner und der Carte Blanche, mit der sich erstmals Schulen aus allen drei Schweizer Sprachregionen sowie drei Topschulen aus dem Ausland räumlich konzentriert in Langenthal präsentieren. Dies sind nur drei Beispiele der vielen weiteren Ideen, mit denen Jan Dominik Geipel für neuen Schwung in Langenthal sorgt. Und mit seiner Ankündigung, einen Best of des Designers’ Saturday auf Reisen zu schicken, kommt die Designnation Schweiz bald so richtig in Bewegung.