Messerli erhält Nachhaltigkeitszertifikat
Nachhaltig und Fair: Als erstes Mitglied der Messerli Group erhalten wir in Zusammenarbeit mit EXPO EVENT das Nachhaltigkeitszertifikat auf Basis von ISO 20121. Mehr lesen
Rolf Schwery ist Gründer und Geschäftsführer von acting responsibly. Zusammen mit seinem Team berät er Unternehmen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsprozessen in ganz Europa, unter anderem auch die Andreas Messerli AG.
Im Interview gibt er uns einen Ein- und Ausblick, wie Unternehmen nachhaltiger wirken können, was dazu nötig ist und wie er die Zukunft sieht.
Ein Werdegang ist immer eine spannende Sache, wenn du vorwärts gehst und nicht immer alles zusammenhängend oder geplant ist. Rückblickend kann man die Punkte immer verbinden und es ergibt sich doch einen Sinneszusammenhang zwischen diesen Elementen. Ich bin ausgebildeter Ökonom und hatte immer das Gefühl, dass in der Ökonomie die menschliche Seite fehlt. Das Thema Nachhaltigkeit hat mich schon früher interessiert und nach meinem Doktorat bin ich Schritt für Schritt ins Consulting eingestiegen. 2006 habe ich eine Einzelfirma gegründet und diese ist dann zunehmend gewachsen. Heute ist acting responsibly eine AG mit zwölf Mitarbeitenden, die als Beraterinnen und Berater für Unternehmen, vor allem in der Sport- und Eventbranche, arbeiten.
Wir haben sehr viele Events im Ausland aber auch in der Schweiz begleitet sowie Unternehmen mit Guidelines und praktikablen Instrumenten unterstützt. Dadurch wurden wir zu einer Organisation die Schweizweit eine der ersten Adressen, wenn sich jemand für Nachhaltigkeit in der Eventbranche interessierte. Expo Event ist dann auf uns zugekommen, um Gedanken auszutauschen und diese zu besprechen. Schritt für Schritt wurde dies weiterentwickelt, bis die Zertifizierung entstanden ist.
Dieser Zertifizierungsprozess entsteht Schritt für Schritt. Als Grundmotivation braucht es von Anfang an ein klares Commitment. Wenn dieses gegeben ist, starten wir mit einem Kick-Off-Meeting mit dem Core Team. Dieses Team setzt sich aus den wichtigsten Personen innerhalb der Organisation mit Schnittstellen zum Thema Nachhaltigkeit zusammen. Nach diesem Startschuss beginnt der Stakeholderprozess. In diesem Prozess versucht man, die wichtigsten Player zu involvieren und durch Interviews mit ihnen herauszufinden, in welchen Bereichen man als Unternehmen den grössten Impact hat. Diesen Vorgang nennen wir Materialitätsanalyse (engl. materiality analysis). Ist die Auswahl getroffen, wird rund um diese Themen eine Strategie für die nächsten drei bis fünf Jahre entwickelt. Diese ist ähnlich wie die gesamte Business Strategie von einer Organisation. Es ist zudem wichtig, dass man eine Umsetzungsstrategie und einen Umsetzungsplan hat, das Monitoring macht und darüber kommuniziert. Das ist der ganze Prozess.
Durchschnitte helfen hier nicht weiter. Das ist von Organisation zu Organisation unterschiedlich. Es dauert mindestens vier Monate, da verschiedene Stakeholder miteinbezogen werden müssen und auch die Konzeptentwicklung einige Zeit beansprucht. In speziellen Fällen kann es unter Umständen auch bis zu zwei Jahre dauern. Die Spannweite beträgt vier bis neun Monate, was dem Normalfall entspricht, und wenn alle am Ball bleiben, sind neun Monate auch für grössere Organisationen realistisch.
Oftmals sehen wir, dass sich das Management beim Fällen von Entscheidungen sowie mit Bottom-Up-Prozessen, wozu der Stakeholderprozess gehört, schwer tut. Klienten, Partner, Lieferanten und Entscheidungsstellen von Bundesämtern müssen als Fundament des Ganzen für eine genaue Einschätzung miteinbezogen werden. Dies braucht Zeit und wenn nicht direkt Entscheidungen gefällt werden, verzögert dies den ganzen Prozess. Es ist wichtig, dass der Prozess eingehalten wird und nicht auf Eigenregie läuft. Auch die Definition der Zielgrösse ist oftmals eine Schwierigkeit. Wie soll diese definiert werden, damit sie ambitiös, aber dennoch realistisch ist? Schwierige Grundvoraussetzungen sind es zudem, wenn es bereits am Anfang an Commitment fehlt. Für Unternehmen ist es ein Lernprozess und man hat die Flexibilität, sich anzupassen, strategische Ziele zu überdenken oder gar neue zu setzen. Dafür bereit zu sein, ist ein grosser Schritt.
Mitarbeitende sind ein Teil der Stakeholder, wenn nicht sogar der wichtigste. Diese müssen im Prozess selbstverständlich abgeholt werden. Es geht einerseits darum, Themen zu definieren, bei welchen ein Unternehmen den grössten Impact hat, und andersherum auch zu schauen, welche dieser Themen den grössten Einfluss auf die Unternehmung selber haben. Nehmen wir Klimawandel als Beispiel: Unternehmen haben durch Emissionen und Produktionsprozesses einen Einfluss auf den Klimawandel, andersrum hat der Klimawandel aber auch grosser Einfluss auf Unternehmen. Es entstehen neue Produkte, gewisse Absatzmärkte und Bedarfe existieren nicht mehr oder haben sich verändert. Auch Sponsoren, Partner oder Investoren haben neue Anforderungen betreffend Nachhaltigkeiten und dann gilt es für ein Unternehmen, diesen Anforderungen zu entsprechen.
Wir versuchen, die Unternehmen etwas an die Hand zu nehmen und sie Schritt für Schritt durch den Prozess zu führen. Für eine erfolgreiche Umsetzung muss man mit den Leuten reden, sie ernst nehmen und ins Boot holen. Wir haben viel Erfahrung und versuchen, den Unternehmen nützliche Instrumente wie Fragebogen oder Interview-Leitfäden auf den Weg mitzugeben.
Ganz unterschiedlich, zum einen kommen die ganzen staatliche Regulierungen auf Firmen zu, die versuchen, das Unternehmen in eine gewisse Richtung zu bringen. Dies ist häufig ein sehr starker Motivator. Was wir auch sehen, sind zum Beispiel Firmenpartner, die ihre Anforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit Jahr für Jahr erhöhen, und Unternehmen möchten diesen natürlich gerecht werden.
Bei vielen Organisationen, mit denen wir zusammenarbeiten, ist auch die Eigenmotivation des Managements treibend. Man möchte als verantwortungsvoller Arbeitgeber auf dem Markt auftreten und diese Motivation bringt den Ball ins Rollen. Es existieren auch zahlreiche Unternehmen, für die dies finanziell anziehend ist. Sie erkennen, dass sich ihre Aktienkurse nicht positiv entwickeln werden, solange sie nicht ernsthaft auf Nachhaltigkeit setzen. Dies schafft eine Anziehungskraft für Investoren, die Unternehmen dazu ermutigt, Nachhaltigkeit strategisch zu verfolgen. Die Beweggründe, warum jedes Unternehmen schliesslich den Entschluss fasst, diesen Weg einzuschlagen, variieren stark.
Die Motivation für nachhaltiges Handeln kann in zwei Hauptkategorien unterteilt werden: intrinsisch und extrinsisch. Extrinsische Motivation kann von staatlichen Anforderungen, Sponsoren, Partnern oder Kunden ausgehen. Neben diesen äusseren Anreizen gibt es jedoch auch zahlreiche intrinsische Vorteile, die Unternehmen dazu bewegen, Nachhaltigkeit in ihre Vision und Strategie zu integrieren. In vielen Fällen zielt die Unternehmensvision und -mission nicht ausschliesslich auf finanziellen Gewinn ab. Es ist selten, eine Vision zu finden, die darauf abzielt, Aktionäre immer reicher zu machen, da dies die Mitarbeitermotivation beeinträchtigen könnte. Stattdessen betonen viele Unternehmen soziale oder ökologische Gründe, um ihre grundlegenden Werte und Ziele zu verdeutlichen. Wenn wir diesen Ansatz weiterverfolgen und die Vision oder Mission nicht nur als leere Worte stehen lassen, wird eine klare Strategie benötigt. Zum Beispiel, wie kann das Unternehmen zum besten Arbeitgeber in der Branche oder zum führenden Veranstaltungsanbieter im Land werden? Die Entwicklung einer solchen Strategie kann auch ohne externen Druck erfolgen. Eine logische Fortsetzung dieses Denkansatzes besteht darin, sich zu fragen, warum das Unternehmen existiert und welche langfristigen Ziele es in der Zukunft erreichen möchte.
Image ist ein grosses Thema, welches auch rein finanziell sein kann. Die Loyalität von Mitarbeitenden wird bei Umfragen häufig als einen der Hauptpunkte für Erfolg genannt. Das heisst, loyale Mitarbeitende sind für ein Unternehmen viel wertvoller als solche, die nur Geld verdienen wollen. Durchschnitte zeigen, dass loyale Mitarbeiter in der Regel fünf Tage weniger krank sind. Das Ganze geht weit über das Image «Wir sind nachhaltig» hinaus. Die Firma ist profitabler, effizienter, die Mitarbeitenden sind motivierter und dementsprechend haben ihre Produkte eine bessere Qualität. Indirekt ist das Image wertvoll, weil die Leute ein positives Bild von der Firma haben oder Mitarbeitende länger im Unternehmen bleiben. Prestige ist, was nach aussen wirkt, aber die Loyalität der Mitarbeiter ist der grosse Wert am positiven Image.
Besonders aufgefallen ist mir euer leider viel zu früh verstorbene CEO Hugo Keller. Er war eine Persönlichkeit, die von Anfang an echtes Commitment gezeigt hat. Wir hätten uns für diesen Prozess keinen besseren Partner als ihn wünschen können. Hugo zeigte ein klares uneigennütziges Engagement, denn dieses Projekt war etwas, das er umsetzen und der Firma mitgeben wollte. Unabhängig von der ganzen Kalkulation, ob sich das kurz- oder mittelfristig rechnet.
In vielen Fällen braucht es von unserer Seite her Überzeugungskraft, dass ein Management erkennt, dass dieser Prozess etwas ist, dass sie umsetzen möchten und sie weiterbringt. Bei Messerli war das Klima an Meetings anders und wir hatten das Gefühl, dass wir hier nicht mehr gross rechtfertigen müssen und das Thema bereits aufgenommen ist.
Die Tatsache, dass die Messerli Group eine Holding ist und unterschiedliche AGs Teil dieser Holding sind, hat den ganzen Prozess noch komplexer gemacht. Aber auch das haben wir durchgeboxt und sind jetzt bereits mit weiteren Tochtergesellschaften dran. Das Ganze ist nur der Hingabe von Hugo Keller zu verdanken.
Die heutige Generation kann sich den Luxus, Ressourcen, die die Welt zur Verfügung stellt, zu verbrauchen, nicht mehr leisten beziehungsweise sie muss sparsamer damit umgehen. Auch für Afrika ist nicht die Frage, ob es sich die Länder leisten können, denn sie sind relativ ausgeglichen, wenn man ihre Klimabilanz anschaut. Sie verbrauchen nur die Ressourcen, die sie zur Verfügung haben. Wir, die entwickelten Länder, sind eher die, die auf Pump leben. Ausgenommen sind die Länder, die jetzt relativ schnell wachsen wie China oder Indien. Diese sagen, dass die industrialisierten Länder die Hauptschuldigen sind und deshalb auch bezahlen sollen. Schuldig nicht nur betreffend Klima, sondern auch verantwortlich für die Diversität, die in den letzten 50 Jahren radikal reduziert wurde.
Nachhaltigkeit ist nicht irgend ein Modewort oder ein Trend, sondern bedeutet eine Zeitwende. Durch den Wachstumsschub um 1970 kamen auch die Grenzen, dass wir nicht weiterhin so viele Ressourcen wie bisher verbrauchen können. Der einzige Weg ist, dass wir nun in die andere Richtung gehen. Schlussendlich geht es um die Verantwortung und darum, dass ein Unternehmen verantwortungsvoll wirtschaftet.
Da habe ich absolut keine Bedenken. Unser Planet war vor uns da und wird auch noch lange nach uns da sein. Wir müssen die Erde nicht retten, aber wenn sie weiterhin bewohnbar bleiben soll, dann müssen wir gewisse Massnahmen treffen. Aber auch diese treffen wir uns zuliebe und nicht, weil wir den Planeten retten möchten.
Wir müssen uns nun überlegen, welche Bedingungen wir für unsere zukünftigen Generationen, die auf diesem Planeten leben sollen, schaffen möchten. Im Moment machen wir sehr viel, damit die Erde immer weniger belebbar oder nur noch für wenige Leute belebbar wird. Das eine ist das Klima, aber ein viel grösseres Dilemma ist die starke Abnahme der Biodiversität in den letzten 40 Jahren. Der Mensch war in den letzten Jahrzehnten eine unglaubliche Zerstörungsmaschine und jedes Mal, wenn er sich ausbreiten wollte, hatte es einen negativen Einfluss auf die anderen Spezies. Mir macht es Sorgen, wie der Planet für meine Kinder und die nächsten Generationen aussehen wird. Können sie diese Welt noch geniessen oder müssen sie vermehrt mit Einschränkungen und radikalen Ereignissen rechnen?
In meinen Augen haben wir einen Kredit aufgenommen und müssen jetzt schauen, dass wir diesen zurückzahlen können. Wir haben auch sehr viele positive Sachen gemacht, leider sehen wir aber vermehrt, dass die Menschen viele negative Einflüsse auf ihre Umwelt haben. Ich bin aber genug optimistisch, dass die Natur uns schnell zwingt, Korrekturen in unseren Massnahmen vorzunehmen.
Das Hauptproblem, das die meisten Organisationen haben, ist, dass sie die Nachhaltigkeit ad hoc machen. Sie sagen, wir müssen schnell Energie und CO2 sparen und ein paar Bäume pflanzen. Wenn wir es strategisch angehen, geht es darum, den Impact einzuschätzen und sich auf die Topthemen, bei welchen die Firma den meisten Einfluss hat, zu fokussieren. Diese können bei jeder Organisation unterschiedlich sein.
.. wahrscheinlich gar kein Thema mehr sein, weil Nachhaltigkeit ein Teil der Strategie sein wird. Es geht um die Professionalisierung der einzelnen Funktionen innerhalb einer Organisation. Jeder Mitarbeitende, egal in welchem Aufgabengebiet er tätig ist, versucht, die Entscheidungen, die er fällt, in voller Verantwortung der internen finanziellen, wie auch der externen ökologischen, ökonomischen und sozialen Konsequenzen einzubeziehen. Ich denke, das ist die Zukunft. Ob das in zehn Jahren schon so ist, werden wir sehen, es wird aber sicher in diese Richtung gehen.
Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!
acting responsibly ist ein Schweizer Unternehmen, das Organisationen bei der strategischen Entwicklung und Umsetzung im Bereich der sozialen Verantwortung und Nachhaltigkeit unterstützt.
Gegründet wurde acting responsibly von Rolf Schwery, der auch heute noch als Geschäftsführer agiert. Sie konzentrieren sich auf eine kleine Anzahl von Kunden, viele aus der Event- und Sportbranche, und entwickeln Partnerschaften, die auf Vertrauen und gegenseitigem Verständnis basieren.
Zu ihren Dienstleistungen gehören unter anderem Workshops, intensive Recherchearbeiten, massgeschneiderte Managementinstrumente wie das «EVENT toolkit» und ein detailliertes Reporting. Das zwölfköpfige Team sucht laufend nach kreativen Lösungen, um einen sichtbaren Beitrag zu einer besseren Welt leisten zu können.