Wenn Unternehmen mit Hausmessen zu Messeveranstaltern werden
Es ist verlockend: Die eigene Messe im Kleinformat. Eine Reflektion über die Vor- und Nachteile von Hausmessen. Und was es braucht, damit sie zum Erfolg werden. Mehr lesen
Als Marketingverantwortlicher des Etikettendruckmaschinen-Herstellers Gallus Ferd. Rüesch ist Matthias Marx auf den internationalen Leitmessen der Branche zu Hause. Warum hat sich das Unternehmen entschieden, zusätzlich im heimischen St. Gallen eine Hausmesse durchzuführen? Und welche Unterschiede gibt es zum Kundenkontakt auf Messen? Im Interview spricht er über die Vorteile und Herausforderungen von Messen in den eigenen vier Wänden.
In unserer Branche findet alle zwei Jahre die Leitmesse für die Etikettendruckindustrie in Brüssel statt. Da uns im Jahr 2014 allerdings keine Leitmesse zur Verfügung stand, um ein neues Drucksystem auf den Markt zu bringen, haben wir bei Gallus kurzerhand entschieden, unsere Kunden aus aller Welt nach St.Gallen einzuladen und diese Vorstellung in Form eines Openhouse selbst vorzunehmen. Und da diese erste Hausmesse in dieser Grössenordnung (ca. 1700 m² Ausstellungsfläche) ein enormer Erfolg war, haben wir diese Veranstaltung hier bei uns im Zwei-Jahres-Rhythmus etabliert. Die Gallus Innovation Days gehen heuer in die dritte Runde und haben sich mittlerweile zu einem echten Branchen-Event entwickelt.
Mit Sicherheit – an den grossen Messen versuchen wir unsere Kunden mit viel Geschick und auch mit Attraktionen solange wie möglich auf unserem Stand zu halten, denn die Konkurrenz befindet sich in unmittelbarer Nähe und lockt ebenfalls die Kundschaft. Im eigenen Hause haben wir die Möglichkeit uns intensiver auf den einzelnen Kunden einzulassen, ohne dass dieser durch jeglichen Termindruck irgendwelcher Wettbewerber abgelenkt wird.
Zudem können wir unser gesamtes Produktportfolio anpreisen, was auf einer Messe schon rein logistisch nicht möglich ist. Und es hat sich gezeigt, dass unsere Partner-Unternehmen, die ebenfalls auf den Gallus Innovation Days ausstellen, gleichermassen von dieser angenehmen, familiären Atmosphäre profitieren.
«An einem Openhouse können wir voll und ganz unseren Heimvorteil ausspielen.»
Wir gehen davon aus, dass das Interesse am Kauf einer Gallus-Maschine von Kunden, die zu den Gallus Innovation Days kommen, sehr hoch zu bewerten ist, sonst würde dieser Kunde ja nicht den Weg nach St. Gallen auf sich nehmen. Auf einer konventionellen Messe kann man nicht unbedingt davon ausgehen, dass jeder Besucher, der sich auf dem Stand wiederfindet, auch ein potentieller Gallus-Kunde ist.
Messen haben den Vorteil, dass man dort auch absolute Neukunden kennen lernt, die man noch nicht auf seiner Adressliste stehen hatte. Beim Openhouse sprechen wir bereits im Vorfeld durch gezielte Einladungen die Kunden an, von denen wir wissen, dass das Kaufinteresse schon ein gewisses Niveau erreicht hat. Aber wir laden auch jene Kundengruppen ein, an denen wir uns bisweilen die Zähne ausgebissen haben und die wir noch nicht für ein Gallus-Produkt gewinnen konnten. Schliesslich können wir an solch einem Openhouse voll und ganz unseren Heimvorteil ausspielen, um diese potentiellen Neukunden von der Qualität und Verlässlichkeit der Maschinen sowie vom Unternehmen zu überzeugen.
Wir arbeiten schon sehr lange mit der Andreas Messerli AG zusammen. Wichtig war uns immer der integrierte Ansatz. Das heisst: Wir erzählen mit jedem Standkonzept an unseren Messen und Ausstellungen eine Story, die sich zeitlich und inhaltlich von Event zu Event kontinuierlich fortsetzt. Somit können wir Synergien nutzen und Exponate aber auch Konzepte mehrfach einsetzen. In unserer Branche ist es wichtig, nicht nur gut funktionierende Produkte zu zeigen, sondern auch eine entsprechend professionelle Show zu liefern. Mit Messerli haben wir da einen Partner gefunden, der nicht nur im klassischen Messebau sondern im kompletten Event-Bereich zu Hause ist und uns hier in jede Richtung unterstützen kann.
«Gerade die kleinen Kosten sollten nicht unterschätzt werden, denn in der Summe können diese Bagatellkosten die Hälfte des Gesamtbudgets ausmachen.»
Die grösste Herausforderung bei einer Hausmesse ist es, ständig den Überblick zu behalten. Viele Organisationsthemen haben einzeln betrachtet zwar keinen besonders grossen Anspruch, im Gesamtkontext jedoch tragen gerade bestimmte Kleinigkeiten zu einem gelungenen Event bei. Hier gilt mehr denn je der Spruch: «Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile.» Zudem laufen die Gallus Innovation Days, wie so manch andere Openhouses bei Gallus, immer während des regulären Produktionsbetriebes ab, da gilt es viele Dinge zu koordinieren, auf die man während einer regulären Messe keine Rücksicht nehmen muss. Das bedeutet auch, dass man die gesamte Belegschaft für die Notwendigkeit eines solchen Events begeistern muss.
Einen genauen Projektplan zu erstellen, früh genug mit der Organisation zu beginnen, und die Belegschaft in die Kommunikation über die Hausmesse mit einbeziehen und zu begeistern. Nur wenn alle Mitarbeitenden mitziehen, kann ein Openhouse ein voller Erfolg werden. Ein weiteres Thema sind die Kosten einer Hausmesse. Sicherlich gibt es einige wenige grosse Kostentreiber, dafür aber sehr, sehr viele kleine. Und gerade diese kleinen Kosten sollten nicht unterschätzt werden, denn in der Summe können diese Bagatellkosten die Hälfte des Gesamtbudgets ausmachen.
Matthias Marx (53), Dipl-Wirt. Ing. FH, ist seit 2014 bei der Gallus Ferd. Rüesch AG für das Marketing verantwortlich. Hier erfahren Sie mehr zu Gallus Ferd. Rüesch AG und den Gallus Innovation Days.